In Zeiten notgedrungener Nähe auf engem Raum steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Reibungen zunehmen, dass Konflikte in aggressiverer Form ausgetragen werden, als das sonst der Fall ist. So kann es sein, dass man über sich und über die Zuspitzung von Konflikten in solchen Stresssituationen erschrickt, und dadurch der Stress noch größer wird.
Hier einige Tipps: wie man vorsorgen kann, solche Eskalationen rechtzeitig zu erkennen und in ruhigere Fahrwasser zu steuern. Diese Tipps lehnen sich an an das KOM-KOM-Kommunikations-Kompetenztraining von Joachim Engl und Franz Thurmaier vom Institut für Forschung und Ausbildung in Kommunikationstherapie in München. Die Wirksamkeit dieses Konzepts ist wissenschaftlich belegt.
1. Vereinbaren Sie – schon im Vorfeld des Konfliktes ein Signal, dass Sie geben, wenn für Sie die Situation so stressig ist, dass Sie nicht mehr sachlich weiterreden können. Dieses Signal sollte schon in “Friedenszeiten vereinbart werden. Das Signal kann ein Satz, ein Wort oder eine Handlung sein – sofort verstehbar vom Gegenüber.
2.Aber auch wenn dieses Signal nicht vereinbart wurde: auch in der Konkreten Gesprächssituation wirkt es deeskalierend, wenn Sie ein deutliches Stopp-Signal geben, etwa so: “Ich würde unser Gespräch hier gerne unterbrechen, weil ich das Gespräch nicht sachlich weiterführen kann. Ich bin so wütend – aufgeregt – verletzt – dass ich gerne hier Stopp machen würde.” Dabei vielleicht l a n g s a m die Hand heben, um die eigene innere Situatiion zu unterstreichen.
3. Dann gleich im Anschluss sagen, dass Sie die Verantwortung übernehmen, auf Ihren Partner-Ihre Partnerin – oder ggf. auch auf die (erwachsenen) Kinder zuzugehen und das Gespräch zu suchen, um den Konflikt zu lösen. Wichtig, dass Sie hier mitteilen, dass Sie es zu Ihrer Aufgabe machen, den Konflikt zu lösen.
4. Versuchen Sie, für sich allein etwas Abstand von der aktuell zugespitzten Situation zu finden, indem Sie ihre Aufmerksamkeit Erlebnissen zuwenden, in denen Sie sich gut verstanden haben, in denen Sie miteinander glücklich waren, und die sie gut miteinander bewältigt haben.
5. Wenn möglich, signalisieren Sie ihrem Partner/Ihrer Partnerin, dass Sie ihn/sie nicht auf diese Konfliktsituation und sein/ ihr Handeln reduzieren, das für Sie verletzend war. Kleine Gesten des Wohlwollens können es erleichtern wieder zu einander zu finden.
6. Wenn Sie dann wieder ins Gespräch kommen: Sprechen Sie von sich und ihren Gefühlen, beschreiben Sie möglichst neutral, ohne Bewertung, was am Verhalten des Gegenübers für Sie verletzend, war, was Sie wütend gemacht hat. Versuchen Sie, Vorwürfe zu vermeiden.
7. Bringen Sie Gedanken ins Spiel, was Sie selbst zur Verbesserung der Situation beitragen können – sowohl als der/die, die verletzt hat, als auch als Person, die verletzt, gekränkt wurde. Als die Person, die verletzt, gekränkt hat, versuchen sie möglichst nicht, in die Verteidigung für ihr Verhalten zu gehen – das kann u.u. zu einer neuen Eskalation führen – sondern versuchen Sie zu verstehen, was Ihr Gegenüber empfunden hat, was Ihr Gegenüber erlebt hat. Stellen Sie sich darauf ein, dass Ihr Gegenüber die Situation möglicherweise völlig anders als Sie erlebt hat. Das ist – gerade in emotional sehr stresshaften Situationen völlig normal.
8. Machen Sie sich klar: der Weg zur Versöhnung liegt darin, dass man sein Gegenüber, seine Gefühle und Empfindungen versteht. Verstehen heißt nicht, dass man die Situation genau so empfindet, wie der andere. Verstehen heißt, dass man die Sicht, das Erleben des Gegenüber respektiert und annimmt, wie es ist. Denn jeder Mensch hat das Recht auf seine Gefühle.
9. Versuchen Sie, über das Problem zukunftsorientiert und nicht vergangenheitsorientiert zu sprechen. (“Was kann ich – was möchtest Du in Zukunft dafür tun, dass wir nicht wieder in solche Auseinandersetzungen geraten” – nicht: “Was hast Du alles falsch gemacht – was hättest Du schon früher anders machen müssen”). Die Lösungsvorschläge erstmal stehen lassen, auch wenn man sie zunächst nicht akzeptieren kann; lieber nachfragen, wie der Vorschlag konkret gestaltet werden kann.
10. Begrenzen Sie die Zeit für das Konfliktgespräch auf maximal 45 Minuten und beenden Sie es konsequent, auch wenn Sie noch nicht zu einer Lösung gekommen sind. Vereinbaren Sie aber einen Zeitpunkt, wann das Gespräch fortgesetzt wird. Manchmal ist es gut, erst am nächsten Tag weiterzureden, weil die Zeit vielleicht auch etwas Abstand bringt und man dann auf neue Ideen kommt, was man zur kreativen Lösung des Konfliktes beitragen kann.
11. Feiern Sie die erfolgreiche Lösung des Konflikts.